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Die Autismus-Diagnose

22. April 2020

In Deutschland gibt es aktuell 3 unterschiedliche Autismus-Diagnosen: der frühkindliche Autismus, der atypische Autismus und das Asperger-Syndrom (Hiller et al., 2014). Allerdings sollen diese Kategorisierungen bald aufgehoben werden und es soll nur noch von der Autismus-Spektrum-Störung (ASS) gesprochen werden. Diese Bezeichnung wurde u.a. deshalb gewählt, weil Autismus in sehr unterschiedlichen Ausprägungen und Formen auftritt und sich diese Vielfalt besser in einem Spektrum darstellt, als in festen Kategorien (Wirtz, 2014).


Wie wird Autismus diagnostiziert?

Autismus zu diagnostizieren ist nicht leicht - eben aufgrund dieses großen Spektrums. Es gibt keinen Labortest, der einem sagt, ob man Autist:*in ist oder nicht. Bei Kindern, bei denen es einen Verdacht auf Autismus gibt, besteht die Diagnostik hauptsächlich aus 2 Bestandteilen: der Befragung der Eltern und der Beobachtung des Verhaltens des Kindes. Für die Befragung der Eltern werden meist standardisierte Leitfäden für Interviews oder Fragebögen verwendet.
Bei Erwachsenen ist die Diagnostik oft etwas schwieriger, da die Diagnose rückwirkend gestellt werden muss.


Wie wird Autismus bei Erwachsenen diagnostiziert?

Am besten benötigt man eine Befragung von nahestehenden Bezugspersonen des Kindesalters - z.B. der Eltern - die Aussagen dazu machen können, wie man sich als Kind in bestimmten Situationen verhalten hat. Besonders wichtig ist natürlich auch die Befragung und das ausführliche Gespräch mit der vermutet autistischen Person. Dabei werden einem viele Fragen gestellt, meist werden auch Fragebögen und standardisierte Interviews verwendet.


Welche Schwierigkeiten ergeben sich bei der Diagnostik bei Erwachsenen?

Autistische Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens oft komplexe Mechanismen zur Anpassung und Kompensation, die es ihnen ermöglichen möglichst wenig aufzufallen. Oft lernen sie, wie sie stereotype Bewegungen - wie z.B. das Schaukeln - unterdrücken können, um nicht sozial aufzufallen. Deswegen haben autistische Erwachsene sich ihre autistischen Verhaltensweisen oft schon „abgewöhnt“. Auch oftmals ohne sich dessen bewusst zu sein. Auch hier kann die Befragung der Eltern oder anderer nahestehender Bezugspersonen aus der frühen Kindheit hilfreich sein. Je nach Alter und Situation der vermutet autistischen Person,ist das aber nicht immer möglich. Es ist aber auch nicht dringend erforderlich, um eine Autismus-Diagnose stellen zu können.


Welche Fragebögen und Interviews werden bei der Diagnostik verwendet?

In Deutschland werden v.a. das Diagnostische Interview für Autismus (ADI-R), der Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK) und die Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS) verwendet. Es gibt aber noch weitere Fragebögen und Interviews.


Wer kann Autismus diagnostizieren?

Autismus kann von Fachärzt:innen und von Psychotherapeut:innen diagnostiziert werden. Idealerweise sollte die Diagnose von einem multiprofessionellen Team gestellt werden. Also einem Team bestehend aus Fachärzt:innen, Therapeut:innen, Psycholog:innen und Pädagog:innen - in z.B. einer Autismus-Ambulanz in einer Klinik.


Diagnose stellen lassen - ja oder nein?

Dazu gibt es keine allgemein gültige Antwort. Jede:r sollte für sich selbst entscheiden, ob er oder sie eine Autismus-Diagnose haben möchte oder nicht. Hilfreich kann es sein, sich vor der Diagnostik zu fragen, wovor man Angst hat, wenn die Diagnose Autismus tatsächlich gestellt werden sollte oder was man sich davon erhofft. Es kann auch helfen genau das mit den Fachkräften, die die Diagnostik durchführen, zu besprechen oder diese Gedanken mit Eltern, Freunden oder Verwandten zu teilen. Für viele Menschen ist die Autismus-Diagnose oft eine Erleichterung, endlich eine Antwort auf die Frage zu haben, was mit einem los ist. Für einige kann die Diagnose aber auch mit Selbstzweifeln, Ängsten und depressiver Stimmung einher gehen. Man sollte nicht zögern sich auch bei dem Umgang mit der Diagnose Unterstützung durch therapeutische Fachkräfte, Selbsthilfegruppen und/oder Freunde und Familie zu holen.