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Frauen und Autismus

28. Mai 2020

Was weiß die Forschung wirklich über Autistinnen?

Nicht viel. Bisher gibt es ein Ungleichgewicht in den Forschungsarbeiten über Autismus. An den meisten Studien nahmen deutlich mehr Männer als Frauen teil.
Was bedeutet das für autistische Mädchen und Frauen?


Der Stand der Dinge

Heute geht man davon aus, dass die Anzahl autistischer Mädchen und Frauen, die noch nicht diagnostiziert sind, recht hoch ist. Man ließt bisher von einem Geschlechterverhältnis von 1:4 (weiblich: männlich). Aktuellere Untersuchungen gehen aber eher von einem Verhältnis von 1:2,5 aus (Gould et al., 2011).


Das Tappen im Dunkeln

Die Kriterien, die erfüllt werden müssen, um die Diagnose Autismus zu erhalten, orientieren sich oft den Merkmalen autistischer Jungen und Männer und nicht an denen autistischer Mädchen und Frauen. Und die können sich durchaus anders äußern. Sie erhalten daher oft erst spät ihre Diagnose oder fallen durchs Raster und werden oft gar nicht diagnostiziert. Die Dunkelziffer ist also entsprechend hoch (Theunissen et al, 2015).

Jungs vs Mädchen

Bei Mädchen sind die autistischen Besonderheiten manchmal anders und subtiler ausgeprägt als bei Jungen. Sie verhalten sich oft ruhiger und angepasster und neigen weniger zu aggressivem Verhalten. Sie verinnerlichen ihre Gefühle eher, als dass sie sie nach Aussen tragen und reagieren in Stresssituationen oder bei einer Reizüberflutung oft mit Rückzug (Theunissen et al, 2015).

Klischee olé...

Das liegt vor allem daran, dass Mädchen nach wie vor anders sozialisiert werden als Jungs. Damit fallen autistische Mädchen oft viel weniger auf und entsprechen mit ihren Verhaltensweisen mehr den gesellschaftlichen Normen und Ansprüchen (Theunissen et al, 2015).
Sie können meistens auch soziales Verhalten bei Anderen gut beobachten und lernen früh dieses nachzuahmen und sich anzupassen – das so genannte „Camouflaging“ist bei Autistinnen sehr viel stärker ausgeprägt. Damit bleiben sie quasi unerkannt – in der Gesellschaft und oft auch vor sich selbst.

Wege aus dem Hamsterrad

Die Unterstützung, die eine Autistin benötigt, kann individuell ganz unterschiedlich sein. Es gibt nicht den einen Weg. Eine Selbsthilfegruppe für autistische Frauen kann einer sein, für andere ist eine Einzeltherapie hilfreicher. Manche Autistinnen haben auch für sich selbst einen Lebensweg gefunden, indem sie ohne professionelle Hilfe gut zurechtkommen.
Generell kann aber jede autistische Frau von einem verständnisvollen, wertschätzenden und toleranten sozialen Umfeld extrem profitieren.